Der Boden ist mit Malervlies abgeklebt. Die Schülerinnen und Schüler tragen Masken, Schutzbrillen und Handschuhe. Einige haben weiße Overalls angezogen. Wer sich der Szenerie nähert, bekommt den Geruch von Farbe in die Nase. Und das, obwohl die Neuntklässler auf dem Schulhof des St.-Pius-Gymnasiums aktiv sind. Die 31 Jugendlichen bauen für die Schulgemeinschaft eine Krippe. In den vergangenen Wochen haben sie gemeinsam mit ihrer Religionslehrerin Laura Jäger und mit Schulseelsorgerin Dr. Melanie Kolm überlegt, wie diese aussehen könnte.
Fachliche Unterstützung bei der kreativen Umsetzung erhalten sie von Mika Springwald. Denn die Krippe wird gesprayt. Mit dieser Technik kennt sich der 49-Jährige aus. Der Street-Art-Künstler arbeitet als Sozialarbeiter beim Caritasverband in Osnabrück und hat neben zahlreichen Aktionen auch bereits zweimal den bekannten Ökumenischen Jugendkreuzweg gestaltet. "Es ist schön, auch mal etwas Weihnachtliches zu machen", gibt der gebürtige Finne zu. An diesem Tag ist er ein gefragter Mann, der die Schülerinnen und Schüler in die Kunst des Sprayens einweist. Und das ist nicht so einfach wie es auf den ersten Blick scheint, merken einige von ihnen. Schnell ist zu viel Farbe auf dem Untergrund oder dorthin gekommen, wo es nicht sein sollte. Doch Springwald tröstet die Anfänger: "Wenn etwas nichts geworden ist, sprüht ihr es einfach über und beginnt neu."
Für die Krippe am St.-Pius-Gymnasium hat er unterschiedliche Silhouetten und Schablonen, so genannte Stencils, mit nach Coesfeld gebracht. "Wir sind froh, dass wir die Aktion überhaupt durchführen können. Wir haben eigens ein Hygienekonzept entwickelt, an das sich die Schülerinnen und Schüler gut halten", ist Kolm glücklich. Auch Jäger freut sich, dass nun das umgesetzt werden kann, was die Jugendlichen erarbeitet haben. "Wir haben uns gefragt, durch welche Welt Maria und Josef heute gehen. Es ist keine heile Welt. Schnell waren wir bei den Themen Klimawandel und Umweltverschmutzung", berichtet sie von den Diskussionen im Unterricht. So wird aus dem Stall der Hambacher Forst, und selbst eine Tonne mit radioaktivem Material findet ihren Platz. Die Neuntklässler wollen mit ihrer Darstellung den Menschen die Augen öffnen. Aber sie wollen auch zeigen, dass es Hoffnung gibt. "Die Hoffnung ist Jesus, der in diese Welt kommt. So haben die Jugendlichen beispielsweise das Kind in der Krippe als Superman gestaltet", erklärt Kolm.
Die Kulisse, in der der Stall steht, greift das Thema Umwelt ebenfalls auf. Brennende Wälder, Lichtverschmutzung sind zu erkennen. Aber auch ein bisschen heile Welt, wenn der Mond auf eine grüne Wiese scheint. "Gesprayte Kunst ist für mich schön, aber immer auch sozialkritisch. Es muss etwas rüberkommen", sagt Springwald. Das bestätigen die Schülerinnen und Schüler. Sie wollen mit ihrer Krippe, in der die Tiere natürlich nicht fehlen dürfen und der Wolf mit Lamm zusammenliegt, nicht nur mahnen, sondern Weihnachten auch als schönes Fest der Hoffnung darstellen. Es ist eine herausfordernde Krippe geworden, die durch ihre Art, ihr Thema und die Kraft der Schülerinnen und Schüler an diesem Tag entstanden ist. Sie erhält ihren Platz in der Schule. Allerdings in der Adventszeit noch mit einer schwangeren Maria, denn erst an Weihnachten kommt das Kind in die Krippe.
Text: Michaela Kiepe, Pressestelle des Bistums Münster
Ein Foto der fertigen Krippe gibt's dann an dieser Stelle zum Weihnachtsfest